Lise Meitner war an der Entdeckung der Kernspaltung beteiligt

Physik: sehr gut, Handarbeiten: genügend

Lise Meitner ist eine bekannte Physikerin. Über 30 Jahre lang forschte und lehrte sie an der Seite Otto Hahns. Den Nobelpreis bekam sie im Gegensatz zu ihrem Kollegen nie. Dennoch gilt Meitner, die als zweite Frau überhaupt eine Promotion ablegte, als eine bedeutende Forscherin. Schließlich war sie an der Entdeckung der Kernspaltung maßgeblich beteiligt.  

Am 7. November 1878 wird Lise Meitner als drittes von acht Kindern in Wien geboren. Ihre Eltern Philipp und Hedwig Meitner stammen aus jüdischen Familien, lassen sie ihre Kinder aber protestantisch Taufen. Schon in der Schulzeit lässt sich Lise Meitners Fähigkeiten an den Wissensfächern erkennen: In diesen hatte sie sehr gute Noten, in Handarbeiten, Schönschreiben und Freihandzeichnen hingegen nur ein genügend.

Eine der ersten Physikerinnen

1901 beginnt Lise Meitner das Studium der Mathematik, Physik und Philosophie in Wien, das sie 1906 mit einer Promotion über die Wärmeleitung inhomogener Körper beendet – und das als zweite promovierte Frau. Anschließend geht sie nach Berlin, wo sie Max Plancks Vorlesungen hört, obwohl Frauen damals in Preußen offiziell noch nicht studieren durften. Zu dem Zeitpunkt beginnt ihre Zusammenarbeit mit Otto Hahn. Die Experimentierbedingungen für Lise Meitner sind schlecht. Da sie eine Frau ist, darf sie die wichtigsten Labore nicht betreten. Auch am neugegründeten Institut für Chemie der Kaiser-Wilhelm Gesellschaft ist sie 1912 noch nicht voll akzeptiert, sondern darf nur als Gast unbezahlt mitarbeiten.

Wissenschaftlicher Durchbruch

Mit der Zeit setzt sich Lise Meitner durch und überzeugt mit ihren Entdeckungen. 1912 bekommt sie als erste Frau eine Stelle an der Universität bei Planck in Berlin. Mit 35 Jahren verdient sie erstmals eigenes Geld. Sie kann sich eine eigene Wohnung leisten. Besonders wichtig sind ihr ein Klavier und eine Hausbibliothek. Nach dem ersten Weltkrieg gelingt ihr der erste Erfolg: Sie widmet sich der Untersuchung von Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlung und den damit verbundenen Kernprozessen.

Flucht nach Schweden

Die Zeit des Nationalsozialismus prägt Lise Meitner sehr. 1933 wird ihr die Lehrerlaubnis entzogen. 1938 ist sie gezwungen aus Deutschland zu fliehen, weil sie als österreichische Staatsbürgerin nach dem „Anschluss“ Österreichs von den Rassengesetzen betroffen ist. Wagemutig flieht sie in einer Nacht- und Nebelaktion nach Holland und von dort über Dänemark nach Schweden.

Die Entdeckerin der Kernspaltung

In Stockholm erhält sie eine Anstellung am Nobel-Institut. Glücklich wird sie im hohen Norden nicht. Sie würde gerne weiterhin mit Hahn forschen, so gut wie möglich halten sie Briefkontakt. Auf diese Weise gibt Meitner Hahn und einem weiteren Kollegen den richtigen Hinweis, dass sie in einem Experiment die Kernspaltung entdeckt haben. Zum Jahresanfang 1939 schreibt sie nach Berlin: „Wir haben Eure Arbeit sehr genau gelesen und überlegt, vielleicht ist es energetisch doch möglich, daß ein so schwerer Kern zerplatzt.“ Zwei Tage später schreibt sie erneut an Hahn: „Ich bin jetzt ziemlich sicher, daß Ihr wirklich eine Zertrümmerung zum Ba habt.“ Hierfür liefert sie auch die erste theoretische Deutung.

Kein Nobelpreis für Lise Meitner

An einer Freisetzung der Kernenergie und der Entwicklung der Atombombe beteiligt sich Lise Meitner nicht. Für die Entdeckung der Kernspaltung erhält Hahn später den Nobelpreis. Lise Meitners bedeutender Anteil wird nicht mit der Auszeichnung geehrt, wohl aber erhält sie andere Auszeichnungen wie den Otto-Hahn-Preis. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges zieht Meitner nach Cambridge, wo sie 1968 stirbt.  

 

Text: Elisabeth Böker